Flucht & Mi­gra­ti­on

Im Jahr 2019 befanden sich weltweit 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Neben (oder einhergehend mit) gewaltsamen Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung sehen sich insbesondere Frauen, Mädchen und LSBTIQ*-Personen auch aufgrund geschlechtsspezifischer Fluchtursachen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Zu den geschlechtsspezifischen Fluchtursachen gehören unter anderem sexualisierte Gewalt, häusliche Gewalt/intime Partnergewalt oder schädliche Praktiken wie Witwenverbrennung und weibliche Genitalverstümmelung.


Gesellschaftliche Rollenzuschreibungen aufgrund von Geschlecht im Zusammenwirken mit anderen Faktoren wie Alter, Klasse, Behinderung, Herkunft, ethnische Zugehörigkeit, Religion, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität haben Einfluss darauf, wie Flucht und Vertreibung erfahren werden, wie die Integration in den neuen gesellschaftlichen Kontext verläuft und wie erfolgreich die Reintegration im Heimatland sein kann.

Mög­li­che Aus­wir­kun­gen von Flucht & Mi­gra­ti­on:

Frauen und Mäd­chen sind von struk­tu­rel­len ge­schlechts­spe­zi­fi­schen Un­gleich­hei­ten und dis­kri­mi­nie­ren­den Nor­men und Ste­reo­ty­pen be­trof­fen und er­fah­ren häu­fig ein ho­hes Maß an ge­schlechts­spe­zi­fi­scher Gewalt. 

  • Krisen, Flucht und Vertreibung vergrößern die intersektionale Diskriminierung oftmals und können das Risiko von geschlechtsspezifischer Gewalt erhöhen.
  • Die Auswirkungen auf Geschlechterrollen sind jedoch auch stark kontextabhängig: Beispielsweise können die Bedingungen der Flucht dazu beitragen, dass Frauen verstärkt in den Arbeitsmarkt integriert werden und dadurch Unabhängigkeit und Anerkennung erlangen.
  • Für andere Frauen kann ihr Geschlecht oder ihr Status eine wirtschaftliche Tätigkeit erschweren oder sie Risiken und Anfeindungen aussetzen. x

Ge­schlechts­spe­zi­fi­sche Ri­si­ken und Hand­lungs­spiel­räu­me

Neben geschlechtsspezifischen Risiken und Vulnerabilitäten kann Flucht also auch neue Handlungsspielräume ermöglichen. Fluchtkontexte bieten die Chance, traditionelle Rollenbilder in Frage zu stellen und Geschlechter­verhältnisse neu auszuhandeln.  
Dieser Prozess verläuft allerdings oft nicht konfliktfrei und kann insbesondere für Männer mit einem Gefühl des Status- und Machtverlust verbunden sein. Hinzu kommen oftmals traumatische Erfahrungen, wodurch geschlechtsspezifische Gewalt verstärkt werden kann.

Geschlechtergerechte Planung für Flüchtlingsunterkünfte

Info: Damit die Gleichberechtigung der Geschlechter gestärkt werden kann, braucht es entsprechende normative und gesellschaftliche Veränderungen, die es Frauen ermöglichen, als wirtschaftliche, politische und soziale Akteur:innen ein selbstbestimmtes Leben führen und an gesellschaftlichen Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen teilhaben zu können. Für Fluchtkontexte ist entscheidend, dass auch Planungs- und Entscheidungsprozesse in Flüchtlingsunterkünften geschlechtergerecht und inklusiv gestaltet werden.

Fußnoten

  1. Quelle: ODI (2019) Gender in Displacement. The State of Play