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Von Kom­bat­tan­tin­nen zu Fil­me­ma­che­rin­nen: Stim­men aus Ko­lum­bi­en und Ugan­da

12.04.2023, News :

Wenn wir an bewaffnete nicht-staatliche Gruppen in Konfliktregionen denken, assoziieren wir sie hauptsächlich mit männlichen Kämpfern. Jedoch sind rund 30-40 Prozent der Mitglieder dieser Gruppierungen Frauen. In einem von der Berghof Foundation umgesetzten Projekt halten ehemalige weibliche Mitglieder bewaffneter Gruppen ihre Erfahrungen aus der Zeit während und nach Konflikten in Kolumbien und Uganda filmisch fest.
 

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Videointerview mit einer Ex-Kombattantin aus La Guajira, Kolumbien. © Kommunikationsausschuss von Pondores (Comité de comunicación de Pondores).

Über die Rolle von Frauen als Überlebende und Kombattantinnen in den Konflikten ist wenig bekannt, und ihre Perspektiven und Bedarfe werden bei Friedensprozessen oft nicht berücksichtigt. Dabei belegen Studien mehrfach, dass ein besseres Verständnis der diversen Erfahrungen und Potentiale der ehemaligen Kombattantinnen höchst relevant ist für den Wiederaufbau und die politischen Prozesse in Postkonflikt-Gesellschaften.

Das Projekt „I Have to Speak” Extended – Expanding Women’s Agency in War and Peace through Testimony, Dialogue and Role-Modelling“ erfasst die verschiedenen Herausforderungen und Chancen, mit denen insbesondere weibliche Mitglieder nicht-staatlicher bewaffneter Gruppen konfrontiert sind. Von 2021 bis 2023 wird das Projekt von der Berghof Foundation (öffnet neues Fenster) durchgeführt und vom GIZ-Sektorvorhaben „Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter" (öffnet neues Fenster) im Auftrag des BMZ finanziert.

Ein in­ti­mer Ein­blick in Kon­flikt­kon­stel­la­tio­nen

Das Projekt beruht auf einem partizipativen Forschungsansatz, der die wirkungsvolle und intime Methode des selbstgesteuerten Filmemachens nutzt, um ehemalige Kämpferinnen aus nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen zu interviewen. Gemeinsam mit Ex-Kombattantinnen produziert Berghof Videomaterial, reflektiert über gewonnene Erkenntnisse und analysiert Motive und Erfahrungen. Berghof begleitet in einigen Kontexten die Ex-Kombattantinnen über den Prozess hinweg - vor, während und nach dem bewaffneten Konflikt.

In einem vorherig finanzierten Projekt hat Berghof bereits demobilisierte Gruppen aus Indonesien, den Philippinen, Nepal und Burundi interviewt. Die Projektumsetzung in Kolumbien und Uganda verstärkt nun das Verständnis für die vielfältigen Erfahrungen von Frauen und Ex-Kombattantinnen in (Post-) Konflikten. Zusätzlich können so die oft marginalisierte Stimmen in geschlechtersensible Friedenskonsolidierung stärker einbezogen werden.

Nicht nur ein Bei­trag zum Frie­dens­pro­zess

Die partizipativen Videos mit Ex-Kombattantinnen können sich außerdem als Grundlage für Dialogformate eignen und Reflexion und Diskussion zunächst innerhalb einer Gruppe und dann im Austausch mit anderen Gruppen anregen. Die Videoclips konzentrieren sich dabei auf das Verständnis zwischen Generationen, auf vergangene und gegenwärtige Konfliktdynamiken und die Erforschung von Geschlechterrollen. Transformative und partizipative Ansätze, wie Dialogformate, tragen im Rahmen der feministischen Entwicklungspolitik dazu bei, diskriminierende gesellschaftliche Normen und Überzeugungen zu identifizieren und zu überwinden sowie die Teilhabe von marginalisierten Gruppen zu stärken.

Neben dem Beitrag zur feministischen Entwicklungspolitik, trägt das Projekt zur Umsetzung der Agenda Frauen, Frieden, Sicherheit bei. Die Agenda fordert neben dem Schutz vor geschlechtsbasierter und sexualisierter Gewalt in Situationen von (Post-)Konflikt, Flucht und Fragilität eine genderresponsive und -transformative Krisenprävention, Konfliktbewältigung und Friedenskonsolidierung. Die Erkenntnisse aus der Arbeit von Berghof zu weiblichen Ex-Kombattantinnen unterstreichen die Notwendigkeit inklusiver Friedensförderung sowie die Einbeziehung der Belange und Perspektiven marginalisierter Gruppen.

Im Rahmen des Projekts werden verschiedene Formate genutzt, darunter die Veröffentlichung von Policy Briefs und die Präsentation auf Konferenzen. Den aktuellen Policy Brief finden Sie hier. Mehr Informationen zum Projekt erhalten Sie hier

Erkenntnisse aus dem vorherigen Forschungsprojekt wurden in einem wissenschaftlichen Artikel im International Feminist Journal of Politics (öffnet neues Fenster) sowie in einem Booklet  (öffnet neues Fenster)und dem Kurzfilm “I Have to Speak” – Voices of Female Ex-Combatants (öffnet neues Fenster) festgehalten.

Text: Noemi Weckbecker

Be­tei­li­gung von Frauen an Frie­dens­pro­zes­sen

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Aufgrund diskriminierender Geschlechterstereotypen, mangelndem politischen Willen, allgemein geringen politischen Beteiligungsmöglichkeiten und unzureichenden Bildungsmöglichkeiten sind Frauen oft von Friedensprozessen ausgeschlossen. Dadurch werden die Perspektiven von etwa der Hälfte der repräsentativ verhandelnden Gesellschaften missachtet. Eine gerechte, gleichberechtige Einbeziehung von Frauen kann zur Erhöhung der Legitimität von Friedensprozessen und zur Verbesserung der Resultate beitragen.