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Neue Stu­die wirft in­ter­sek­tio­na­len Blick auf die Fol­gen von Co­vid-19 für Ge­schlech­ter­ge­rech­tig­keit

25.04.2022, News :

Eine neue Studie zeigt auf, wie Frauen und Mädchen in all ihrer Diversität in besonderer Weise von den sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie betroffen sind. Sie liefert konkrete Handlungsschritte dazu, wie intersektionale Ansätze in der Arbeit der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zur Geschlechtergleichstellung und Covid-19 Recovery verankert werden können.
 

Die Pandemie hat vielfach und auf drastische Weise bestehende Ungleichheiten und Diskriminierung aufgezeigt und verschärft. Die Rückschritte gefährden internationale und deutsche Entwicklungsziele zu Geschlechtergerechtigkeit und Inklusion, wie die der Agenda 2030 und insbesondere des Prinzips „Leave No One Behind“. Dies zeigt auch die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit kürzlich in Auftrag gegebene Studie „Covid-19-Auswirkungen auf Geschlechtergerechtigkeit mit Fokus auf Intersektionalität und wirtschaftliche Stärkung“. Die Ergebnisse der Studie sowie die Empfehlungen unterstreichen den Bedarf an intersektionalen Analysen und Ansätzen, um die Auswirkungen der Pandemie auf die Geschlechterverhältnisse zu verstehen und zu adressieren.

Im Rahmen der Studie wurden Expert:innen befragt, um mehr über die Folgen der Pandemie in fünf zentralen Themenbereichen zu erfahren. Wie bereits andere Studien zuvor belegt auch diese Studie, dass die Covid-19 Pandemie eine Reihe globaler und lokaler Krisen und Konflikte verschärft hat. So werden Ernährungssicherheit, Ungleichheit, Autoritarismus, Gewalt und Militarisierung durch die Pandemie negativ beeinflusst. Eine zentrale Empfehlung im Bereich Frauen, Frieden und Sicherheit (Women, Peace and Security, WPS) ist deshalb, dass die EZ die Partizipation von marginalisierten Gruppen stärkt, den Schutz von Friedens- und Menschenrechtsaktivist:innen fördert und gegen gewalttätigen Extremismus vorgeht.   

Frauen und Mädchen in all ihrer Diversität sind zudem von den ökonomischen Folgen der Pandemie sowohl kurz- als auch langfristig besonders betroffen. Schulschließungen und Krankheitsfälle führten beispielsweise dazu, dass die Belastung für Frauen durch Fürsorgearbeit weiter zunahm. Hier sollte die EZ vor allem an den Bereichen unbezahlte und bezahlte Pflege- und Sorgearbeit, Decent Work (Informelle Beschäftigung, Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz, Zukunft der Arbeit, Gender Pay Gap) und dem Thema geschlechterspezifischer konjunktureller Anreize und Reformen ansetzen.

Die Studie beschäftigt sich außerdem mit auffälligen Parallelen und Überschneidungen zwischen der Klimakrise und der Covid-19 Pandemie, die beide geschlechtsspezifische Auswirkungen haben und strukturelle Ungleichheiten und systemische Marginalisierung noch verstärken. Gleichzeitig werden die Fähigkeiten und Rechte der betroffenen Gruppen bei der Vertretung ihrer eigenen Interessen, Bedürfnisse und Lösungen, sowie ihr Potenzial, transformative Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben, nicht erkannt. Eine gerechte Erholung der Gesellschaft von Covid-19 und eine nachhaltige Transformation ist nur möglich, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen aktiv an Klimaschutz und -anpassung beteiligt sind.

Durch die Auswirkungen der Pandemie besteht außerdem ein erhöhtes Risiko besonders für Frauen und andere marginalisierte Gruppen, geschlechtsbasierte Gewalt (GBV) zu erleben. Diese sogenannte „Schattenpandemie“ basiert auf mangelnder Gleichberechtigung, ungleichen Machtverhältnissen und sozialen Normen, die patriarchalische Geschlechterrollen aufrechterhalten. Hier könnte durch kurzfristige Prävention, Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Organisationen, aber auch der Bekämpfung von geschlechtsbasierter online-Gewalt Abhilfe geschaffen werden.

Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte (SRGR) werden von der Pandemie ebenfalls durch schwerwiegende und langanhaltende Auswirkungen auf deren Zugang beeinflusst. Die Überlastung des Gesundheitssystems hat dazu geführt, dass Ressourcen und Personal in der Pandemiebekämpfung eingesetzt wurden, sodass bestimmte andere Leistungen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden konnten. Kurzfristige Unterstützung erfolgt beispielsweise, indem der Zugang zu grundlegenden SRGR-Diensten und -Informationen sichergestellt wird. Die langfristige Unterstützung zielt vor allem auf die zukünftige Prävention, die Sensibilisierung für SRGR ab, um die Widerstandsfähigkeit der SRGR-Systeme in Krisensituationen zu erhöhen.  

Insgesamt empfiehlt die Studie der deutschen EZ, gendertransformative Grundsätzen zu nutzen, bestehenden Prioritäten im EZ-Portfolio zu skalieren und intersektional weiterzuentwickeln, sowie neue Prioritäten und innovative Ansätze zur Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit umzusetzen. Eine nachhaltige Veränderung kann nur herbeigeführt werden, wenn die EZ eine intersektionale Perspektive in ihre Entscheidungsfindung, Strategien, Programme miteinbezieht.

Die gesamte Studie (EN) kann hier heruntergeladen werden.

Eine deutsche Zusammenfassung findet sich hier